Ameisenexkursion vom 16.06.2024

16.06.2024

Das geheimnisvolle Leben der Waldameisen

 

Ein stattlicher Ameisenhaufen dürfte schon manchen Naturliebhaber ins Staunen versetzt haben. Wem ist jedoch beim Anblick eines solchen Baus bewusst, dass seine Bewohner über 150 Pflanzenarten verbreiten und einen Wald gesund fressen können.

Trifft man auf einen Ameisenhaufen, steht er an oder in der Nähe eines Baumes. Dieser sogenannte Futterbaum - bei uns vorwiegend die Fichte - bietet den Waldameisen Nahrung. Dabei erklimmen sie ihn und bringen die dort lebenden Läuse dazu, überschüssigen Honigtau auszuscheiden. Es handelt sich um ein symbiotisches Verhältnis, bewachen doch die Ameisen die Läuse vor Fressfeinden. Auf dem Speiseplan der Ameisen stehen auch Insekten und Larven (ein grosses Volk soll an einem Tag bis zu 100‘000 Insekten vertilgen) sowie Aas und kranke Tiere. Dadurch sorgen sie, wie eingangs erwähnt, dass der Wald gesund bleibt.

Bevor sich Leben auf einem Ameisenhaufen regt, muss er aufgewärmt sein. Dass die Bauten häufig eine südöstliche bis südwestliche Exposition aufweisen, ist daher einleuchtend. Im Winter schützt sie Harz vor der Kälte. In grossen Ameisenhaufen fand man bis zu 20 kg davon, sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren.

 

Pius Imgrüth, Mitarbeiter des Luzerner Waldameisen-Schutzes, führt die zahlreichen Teilnehmer im Burgwald in die geheimnisvolle Welt der Waldameisen ein.

 

Weibchen arbeiten – Männchen sind nur zur Paarung da

Ihr Name ist Programm: Arbeiterinnen sind für alle Arbeiten zuständig. Die Jüngsten versorgen die Brut, die Älteren pflegen das Nest und die Ältesten besorgen die Nahrung. Dem flugfähigen Männchen, Drohne genannt, bleibt nur die Rolle des Erzeugers. Ein Ameisenhaufen kann von einer einzigen Königin bis zu mehreren Hundert bewohnt sein. Während Arbeiterinnen 4-6 Jahre leben, können Königinnen bis zu 25 Jahre alt werden. Bei den Männchen hingegen ist das Leben nach wenigen Wochen vorbei.

 

Beeindruckende Zahlen

In grossen Ameisenhaufen leben bis zu 5 Millionen Arbeiterinnen. Da stellt sich die Frage, wie sie ihre Zusammenarbeit koordinieren. Untersuchungen haben ergeben, dass Ameisen bis zu 20 verschiedene Duftstoffe produzieren, welche der Kommunikation dienen.

Manchmal lassen sich Arbeiterinnen beobachten, wie sie kleinere Äste transportieren. In der Tat sind sie fähig, das   40-60 fache ihres Körpergewichts zu tragen. Selbst der beste Gewichtheber wäre absolut chancenlos. Er müsste ein Nashorn in die Höhe stemmen, um konkurrenzfähig zu sein.        

(Foto Carlos Lang)

 

 

Die Höhe eines Ameisenhaufens hängt auch von der geografischen Breite und der Höhenstufe ab. Dabei gilt, je kühler der Ort desto höher der Bau, der dadurch effizienter von der Sonne erwärmt wird. Ein 1m Meter hoher Haufen kann ebenso tief in den Boden ragen. In Nordeuropa wurde ein Bau entdeckt, der eine Höhe von 2,5 Meter erreichte!

 

Gefahren

Waldameisen haben verschiedene natürliche Feinde. Schwarz- und Grünspecht ernähren sich im Winter vorwiegend von Ameisen. Auch Dachse und Wildschweine durchwühlen auf der Suche nach Larven Ameisenhaufen.

  

Im April 24 hielt eine Wildtierkamera in einem Wald in Hitzkirch zwei Dachse fest, die ein Nest durchwühlten. Bei Tag offenbart sich der zerstörte Haufen (Foto links). Das zweite Foto zeigt eindrücklich, wozu Ameisen fähig sind. In nur 10 Tagen haben sie den Bau  wieder hergestellt! 

(Der Standort der zweiten Aufnahme ist um 90° versetzt;  Fotos Paul Burkart)

Die reale Gefahr für die Waldameisen geht jedoch von den Menschen aus. Trotz Schutz – die Rote Waldameise wurde in der Schweiz 1966 als erstes Insekt gesetzlich geschützt - führen Rodungen und Strassenbau dazu, dass die Ameisen unter Druck geraten.

 

2017 wurde der Luzerner Waldameisen-Schutz gegründet, ein Verein, der unter anderem bestehende Ameisenhaufen lokalisiert und mit Pfählen kennzeichnet. Dadurch sollen Bauten vor unachtsamer Zerstörung geschützt werden.

 

 

 

 

 

Gut möglich, dass man mit den erworbenen Kenntnissen künftig mit geschärften Sinnen durch den Wald streift und nicht nur den grossen Ameisenhaufen bestaunt, sondern auch das kleine Insekt, das äusserst Wertvolles zum ökologischen Gleichgewicht beiträgt.

Felix Caduff